Ignaz Schlomer

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Jacob Ignaz Schlomer (geboren 29. Mai 1875 in Lübeck; gestorben 7. September 1923 in Berlin) war ein deutscher Arzt und Abgeordneter.

Ignaz Schlomer stammte aus einer orthodoxen jüdischen Familie, die im 18. Jahrhundert aus Böhmen nach Lübeck-Moisling gekommen war.[1] Er war ein Sohn des Lübecker Kaufmanns Eisak Jacob Schlomer (1845–1914)[2] und dessen Ehefrau Bertha, geb. Meyer (1847–1924). Der Pferdehändler, Gemeindeälteste und Bürgerschaftsabgeordnete Abraham Schlomer war sein Großonkel.

Nach dem Besuch des Katharineums bis zum Abitur 1893[3] studierte er Humanmedizin an den Universitäten Freiburg, Kiel und Berlin. 1898 wurde er in Kiel mit einer von Heinrich Irenaeus Quincke betreuten Dissertation zum Dr. med. promoviert. Seit seiner Freiburger Zeit war er mit Robert Grumbach[4] und Ludwig Frank befreundet.

Ab 1901 praktizierte er in Lübeck.[5] Er engagierte sich für die Sozialdemokratie; eine enge Freundschaft entwickelte sich zu Rudolf Wissell.[6] Seit dessen Gründung war er Mitglied im Sozialdemokratischen Ärzteverein.[7]

Von 1909 bis 1915 gehörte Schlomer der Lübecker Bürgerschaft an.[8] Mit seiner Wahl waren erstmals drei jüdische Abgeordnete im Parlament des Stadtstaates vertreten, neben Schlomer waren das Siegfried Mühsam und Hermann Meyer.[9]

Seit seiner Militärzeit war Schlomer Militärarzt der Reserve, zuerst Assistenzarzt, ab 1904 Oberarzt[10], zuletzt Stabsarzt. Als er bei der Reichstagswahl 1907 öffentlich für Theodor Schwartz, den Kandidaten der Sozialdemokratische Partei Deutschlands eintrat, wurde gegen ihn eine Untersuchung eingeleitet, ob er als Sozialdemokrat noch Reservearzt sein konnte. „Daß er Jude war, damit hatte man sich wohl abgefunden, aber sein öffentliches Eintreten für die Sozialdemokratie schien doch dem Wehrkreiskommandanten ganz untragbar zu sein.“[6] Schlomer ließ sich daraufhin aus der Reserveliste streichen.

Wegen einer schweren Krankheit gab Schlomer seine Lübecker Praxis auf und zog nach Berlin.[6] Spätestens ab 1918 war er am Städtischen Krankenhaus in Berlin-Neukölln, dem heutigen Vivantes Klinikum Neukölln, tätig. Er verstarb im Alter von 48 Jahren im Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Berlin.[11]

Seit 1905 war er verheiratet mit der Lehrerin Else, geb. Rosenfeld (1876–1927), einer Schwester von Siegfried Rosenfeld.[6] Nach seinem Tod war sie als Leitende Fürsorgerin in der Berliner Sozialbehörde tätig.

  • Ueber traumatische Erkrankungen des untersten Rückenmarksabschnitts. Kiel: Peters 1898 (Diss.)
Digitalisat, UB Kiel
  • Nierenleiden. Berlin: Vorwärts 1919

Einzelnachweise

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  1. Salomon Carlebach: Geschichte der Juden in Lübeck und Moisling, dargestellt in 9 in dem Jünglings-Verein (Chevras Haschkomoh) zu Lübeck gehaltenen Vorträgen. Lübeck 1898 (Digitalisat), S. 37
  2. Vgl. Eisak Schlomer, hrsg. von Peter Guttkuhn: Liebes, altes, jüd’sches Moisling. 3. Auflage, Selbstverlag, Lübeck
  3. Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Digitalisat), Nr. 991
  4. Hans Schadek: Robert Grumbach 1875–1960: jüdischer Rechtsanwalt, Sozialdemokrat und Stadtrat, Ehrenbürger von Freiburg. (= Stadt und Geschichte 20) Freiburg: Schillinger 2007, ISBN 978-3-89155-328-2, S. 125
  5. Staatshandbuch der freien und Hansestadt Lübeck 1903, S. 40
  6. a b c d Rudolf Wissell: Aus meinen Lebensjahren. Mit einem Dokumenten-Anhang hrsg. von Ernst Schraepler, Berlin: Colloquium-Verlag 1983 (= Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung / Beihefte 7) ISBN 978-3-7678-0601-6, S. 94f
  7. Heinrich Weder: Sozialhygiene und pragmatische Gesundheitspolitik in der Weimarer Republik am Beispiel des Sozial- und Gewerbehygienikers Benno Chajes (1880–1938). (= Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften 87), Husum: Matthiesen 2000, zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss. ISBN 978-3-7868-4087-9, S. 89
  8. Ernst Hamburger: Juden im öffentlichen Leben Deutschlands: Regierungsmitglieder, Beamte und Parlamentarier in der monarchischen Zeit. 1848–1918. Tübingen: Mohr 1968, S. 391
  9. Albrecht Schreiber: Wegweiser durch die Geschichte der Juden in Moisling und Lübeck. Lübeck: LN-Verlag 1984, S. 68
  10. Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1904, S. 78
  11. Standesamt Berlin XIIIa: Todesurkunde Ignatz Schlomer. Nr. 1204, 1923.